Irmgard Querfeld

„Führung bedeutet nicht, alles vorzugeben, sondern einen Raum zu schaffen, in dem Menschen sich entfalten, ihre Stärken einbringen und gemeinsam über sich hinauswachsen können.“

Zu den Querfeld Betrieben

Tradition und Innovation – selten passt dieses Duo so gut zusammen wie bei den Querfeld-Betrieben. Als Herz und Seele des Wiener Kaffeehauslebens schaffen sie Orte, die Geschichten erzählen, Inspiration bieten und unzählige Gäste in ihren Bann ziehen. Irmgard Querfeld ist nicht nur eine leidenschaftliche Gestalterin dieser einzigartigen Atmosphäre, sondern auch eine Unternehmerin, die Wandel als Chance begreift. Wie es ist, in dieses traditionsreiche Familienunternehmen einzutauchen, welche Herausforderungen und Chancen die Gastronomie mit sich bringt und warum Teamwork der Schlüssel zum Erfolg ist, erzählt sie uns im Interview.

Irmgard Querfeld im Restaurant
Irmgard Querfeld © Caro Strassnik photography

Act2Biz: Die Querfeld-Betriebe sind in Wien eine Institution. Kannst du mir erzählen, wie es für dich war, in dieses traditionsreiche Unternehmen einzusteigen?

Irmgard Querfeld: Für mich war es ein unerwartet spannender Schritt, Teil dieses Familienunternehmens zu werden. Mein beruflicher Hintergrund liegt eigentlich in der Garten- und Landschaftsplanung – meine Eltern haben eine Baumschule in der Steiermark und ich habe nach meiner Matura in diesem Bereich gearbeitet. Mein Mann Berndt und ich haben uns damals in der HBLVA für Gartenbau in Schönbrunn kennengelernt.Während ich meiner Leidenschaft für die Gartengestaltung nachging, hat Berndt seine Eltern im Café Landtmann unterstützt.

Berndt entdeckte recht bald seine Leidenschaft für die Gastronomie und stieg ins Familienunternehmen ein, während ich weiterhin meinem Beruf nachging.Doch mit der Geburt unserer beiden Söhne, Ferdinand und Rudolph, änderte sich mein Alltag grundlegend. Während ich anfangs noch mit Ferdinand im Kinderwagen die Gärten meiner Kunden gestalten konnte, wurde es mit zwei kleinen Kindern schwierig, meinem Beruf so nachzugehen, wie ich es gewohnt war. Da ich jedoch nicht komplett zu Hause bleiben wollte, begann ich, Berndt bei der Eröffnung unseres ersten eigenen Lokals, dem Café Restaurant Residenz in Schönbrunn, zu unterstützen. Ehe ich mich versah, war ich mitten in der Gastronomie, und nach der Geburt unseres 3. Kindes Leo, blieb ich dann auch dabei.

Es war zunächst eine ungewohnte Herausforderung, aber die Freude daran wuchs schnell. Ich fühlte mich nicht nur gefordert, sondern es machte mir auch sehr bald Freude, statt Gärten nun Gasträume und Wohlfühlatmosphäre für unsere Gäste zu schaffen.Gemeinsam mit Berndt haben wir die Querfeld-Betriebe Schritt für Schritt erweitert. Zu unserem ersten Lokal kamen das Café Hofburg, das Parkcafé im Tiergarten Schönbrunn, die Jausenstation im Schlosspark Schönbrunn, das Café Museum, das Bootshaus an der Alten Donau und zuletzt das Gasthaus Napoleon hinzu.

Jedes dieser Lokale ist unterschiedlich, trägt unsere Handschrift, und ich bin stolz darauf, was wir gemeinsam aufgebaut haben. Wir schätzen die Kultur der Gastfreundschaft und bieten den Gästen Orte, in denen sie einen Kurzurlaub, Ruhe und Entspannung, Austausch und Inspiration erleben. Das kommt den Gärtnern sehr nahe.Es war ein großer Wandel für mich, aber einer, den ich nicht missen möchte. Selbsständig zu sein ist fordernd, aber zugleich unglaublich bereichernd – vor allem, weil man selbst die Richtung mitbestimmen kann.


Act2Biz: Die Gastronomie ist bekannt für ihre Dynamik und hohen Ansprüche. Was waren und sind die größten Herausforderungen, denen du als Unternehmerin begegnet bist, und wie hast du sie gemeistert?

Querfeld: Eigentlich denke ich nicht gerne zurück und die meisten Herausforderungen sind heute gar nicht mehr so präsent. Aber eine Sache bleibt unvergesslich: die Pandemie und ihre Auswirkungen. Plötzlich standen wir mit 10 geschlossenen Betrieben und 450 Mitarbeitern da – ein Ausnahmezustand voller Unsicherheiten, geprägt von Maßnahmen, die oft im Widerspruch zu unserem Verständnis von Gastfreundschaft standen.

Die Herausforderungen waren enorm: Tests, Abstandsregeln, Kontrollen– all das hat unsere Mitarbeiter stark belastet. Um sie zu stärken, haben wir Worst-Case-Szenarien mit Marcus und David durchgespielt. Unsere Teams übten sowohl als Gast als auch im Service, um die Perspektiven zu wechseln und so souveräner mit schwierigen Situationen umzugehen. Am Ende war es „live“ weniger dramatisch als befürchtet, und diese Vorbereitung zahlte sich aus.

Wir haben uns nicht unterkriegen lassen und haben kreativ reagiert. In dieser Zeit entstanden auch großartige Projekte, wie unsere Torten für Menschen mit Kau- und Schluckstörungen. Ein besonderes Projekt unserer Torten-Manufaktur. Wir haben über den Mehlspeistellerrand geschaut um uns mit den Bedürfnissen der etwa 10%! unserer Gesellschaft zu befassen, die auf breiige Nahrung angewiesen sind – etwa durch Schlaganfälle, Demenz, MS oder Tumorbehandlungen.
Unsere Konditoren entwickelten ein Herstellungsverfahren für Torten mit dem Ziel, dass sie genauso schön aussehen und gut schmecken wie alle anderen, und den Betroffenen wie Nicht-Betroffenen gleichermaßen Freude bereiten – ein echtes Stück gemeinsamer Genuss statt „Gatsch (breiige Kost) “ : schön, gut und inklusiv. Die Torten gibt es nun unter der Marke Marvella in unserem Onlineshop, in unserem Tortenshop in Alterlaa, oder bei Gurkerl und Cenavit zu kaufen.

Oder ein Pop-up mit Foodtrucks und Live-Musik im Biergarten des damals leerstehenden Gasthauses Napoleon in Kagran. Das brachte Leben, Arbeit und Freude zurück.
Dieses Sommer Pop-up, führte letzendlich 2022 zu unserer Eröffnung des Gasthauses Napoleon, wir haben es mit viel Liebe renoviert und eingerichtet. Es wird für mich immer ein Symbol für unsere Resilienz sein. Unser Motto dort: „Gasthaus Napoleon – wo jeder sein Platzerl findet.“

Act2Biz: Dein Team spielt eine zentrale Rolle für das Erlebnis der Gäste. Was macht für dich ein starkes Team aus, und wie förderst du Zusammenhalt und Motivation in einem oft stressigen Arbeitsumfeld?

Querfeld: Ein starkes Team entsteht durch authentisches Leadership und eine klare gemeinsame Vision. Unsere Führungskräfte wissen genau, was uns in der Zusammenarbeit wichtig ist und was wir unseren Gästen bieten möchten. Wir legen großen Wert darauf, ein zuverlässiger, zuvorkommender und zukunftsweisender Arbeitgeber zu sein, der das Wiener Kaffeehaus und die österreichische Gastgeberkultur als Lebensgefühl versteht und Freude ist für uns der Schlüssel zum Erfolg.

Ein gutes Team braucht jedoch Zeit, um sich zu entwickeln. Es wächst, wenn Vertrauen aufgebaut und Herausforderungen gemeinsam gemeistert werden. Besonders in der Gastronomie, wo schnelles und lösungsorientiertes Handeln essenziell ist, zeigt sich, wie wichtig ein eingespieltes Team ist.

Ich bin besonders stolz auf unsere vielen langjährigen Mitarbeitenden, die als Vorbilder vorangehen und den Zusammenhalt stärken. Wenn alle an einem Strang ziehen, entsteht eine Energie, die nicht nur die täglichen Herausforderungen meistert, sondern auch unsere Gäste begeistert.

Act2Biz: Du hast dich entschieden, Workshops für dein Team durchzuführen, die von Schauspielern geleitet wurden. Was hat dich zu dieser Idee inspiriert, und welche Erwartungen hattest du zu Beginn?

Querfeld: Die Idee, Workshops mit Schauspielern durchzuführen, entstand vor über 15 Jahren, als wir das Café Museum übernommen haben. Damals wollte ich ein Serviceteam, das herausragend im Verkauf ist. Naiv dachte ich, eine Verkaufsschulung allein würde genügen, um alles ins Laufen zu bringen. Auf der Suche nach den besten Schulungen bin ich in der Autobranche fündig geworden – dank einer Freundin, die mir Gerald Ziegler empfahl, der für den VW-Konzern Schulungen entwickelte. Ich war überzeugt: Wer Autos verkaufen kann, kann auch Kaffee verkaufen.

Doch Gerald hatte einen anderen Ansatz. Bevor er mit Schulungen begann, starteten wir mit einem Markenworkshop gemeinsam mit den den Führungskräften. Das war mir komplett neu und erst mit der Zeit erkannte ich, dass es essenziell war, zuerst zu verstehen, wofür das Café Museum steht. Das Ergebnis war klar: Das Café Museum ist seit 1898 ein Ort der Inspiration. Dieses Verständnis legte die Basis für alle weiteren Schritte. Nicht nur für das Café Museum, wir erarbeiteten für alle Betriebe ein Markenversprechen.

Seitdem arbeiten wir auch mit Marcus zusammen, der Schauspiel- und Rollenspiele in unsere Schulungen integriert. Dabei geht es nicht nur darum, Rollen zu spielen, sondern auch die eigene Wirkung zu erkennen und Perspektiven zu wechseln. Ergänzt wurde das durch Videos mit Schauspielern für unsere Onlineschulungen unter dem Motto „Zeit für neue Sichtweisen“. Diese mittlerweile 15 jährige Zusammenarbeit hat uns nachhaltig geprägt.

Act2Biz: Wie liefen die Workshops konkret ab? Kannst du uns einen Einblick geben, welche Übungen oder Ansätze besonders gut bei deinem Team ankamen?

Querfeld: Die Workshops sind sehr individuell gestaltet und richten sich immer nach dem aktuellen Bedarf. Dabei kann es um unterschiedliche Themen gehen: von Konfliktbewältigung über Persönlichkeitsentwicklung und Leadership-Training bis hin zu speziellen Schulungen für Lehrlinge oder kulturelle Sensibilisierung. Sie können für einzelne Abteilungen, das gesamte Team oder gezielt für einzelne Mitarbeiter konzipiert sein.

Einen festen Ablauf gibt es dabei nicht. Jeder Workshop wird maßgeschneidert entwickelt, basierend auf einem Exposé, das Marcus speziell für uns erarbeitet. Er übernimmt dabei auch die Regie und sorgt dafür, dass die Inhalte genau auf die Bedürfnisse und Herausforderungen abgestimmt sind. Dieser flexible Ansatz macht die Schulungen besonders effektiv und wertvoll.

Act2Biz: Gab es einen besonderen Moment während der Workshops, der dich oder dein Team besonders überrascht oder begeistert hat?

Querfeld: Es gab viele besondere Momente, unser aktuelles „Projekt Café Museum 125“ ist aber wiedereinmal besonders beeindruckend. Anfang des Jahres standen wir vor der Herausforderung, dass unsere internen Systeme mit den Veränderungen noch nicht Schritt gehalten hatten. Es entstand Stress und Überbelastung. Inspiriert von der 125-jährigen Geschichte des Café Museum, die von kontinuierlichem Wandel geprägt ist, haben wir das Projekt „Café Museum 125“ benannt.

Durch die Workshops mit Marcus erleben wir, wie unsere Anpassungsfähigkeit in riesigen Schritten wächst. Besonders begeistert mich, dass diese Entwicklung nun von der Energie unserer eigenen Mitarbeiter getragen wird. Das Projekt wächst organisch, hebt sich auf ein neues Level und entfaltet dabei eine beeindruckende Kraft. Es ist faszinierend, wie viel Potenzial im Team steckt, wenn jeder sich einbringt und aktiv an der Zukunft mitgestaltet.
Ich finde solche Momente menschlich UND unternehmerisch ungemein berührend.

Act2Biz: Was hat sich durch die Workshops im Arbeitsalltag deines Teams verändert? Hast du bestimmte Effekte direkt bei der Interaktion mit den Gästen bemerkt?

Querfeld: Die Workshops haben eine spürbare Veränderung im Arbeitsalltag bewirkt. Sie haben nicht nur die Zusammenarbeit gestärkt, sondern auch eine ganz besondere Strahlkraft entstehen lassen. Das Team tritt souveräner, empathischer und selbstbewusster auf.
Unsere Mitarbeiter haben ein tieferes Verständnis dafür entwickelt, was unsere Häuser und unsere Werte ausmacht. Das spüren auch unsere Gäste, die die Atmosphäre als besonders authentisch wahrnehmen.
Die Workshops haben dabei geholfen, Herausforderungen mit mehr Leichtigkeit zu meistern.

Act2Biz: Du investierst regelmäßig in die Weiterbildung deines Teams. Was war aus deiner Sicht der nachhaltigste Effekt der Zusammenarbeit mit Marcus und David?

Querfeld: Wir arbeiten schon so viele Jahre mit Marcus und David, wir kennen uns bereits sehr gut, das macht für mich den größten Effekt der Zusammenarbeit aus.
Wie schon erwähnt, die Schulungen sind immer anlassbezogen. Die Programme werden individuell auf die jeweilige Situation und den Bedarf abgestimmt. Diese Flexibilität ist für uns wichtig. Die Umsetzung überlasse ich immer Marcus, der die Ursache sucht und nicht die Auswirkungen bekämpft.
Ob es um Konfliktbewältigung, Persönlichkeitsentwicklung oder die Stärkung der Führungskompetenzen geht – jede Maßnahme hinterlässt ihre eigene, nachhaltige Wirkung. Das macht die Zusammenarbeit so wertvoll.

Act2Biz: Nicht nur in der Gastronomie, sondern auch in anderen Branchen ist die Arbeit mit Menschen entscheidend. Was glaubst du, können Führungskräfte aus deinem Ansatz für ihre Teams lernen?

Querfeld: Es ist entscheidend, die individuellen Bedürfnisse und Potenziale der Mitarbeiter zu erkennen und gezielt zu fördern.
Ich finde es wichtig, ein Umfeld zu schaffen, in dem Freude und Optimismus die Basis sind. Gestärkte Teams, die sich wertgeschätzt fühlen, können selbst die größten Herausforderungen meistern.
Der Fokus auf kontinuierliche Entwicklung, wie wir das unter anderem durch die Zusammenarbeit mit Marcus und David umsetzen, zeigt, dass nachhaltige Veränderungen am besten aus dem Team selbst herauswachsen.

Kurz gesagt: Führung bedeutet nicht, alles vorzugeben, sondern einen Raum zu schaffen, in dem Menschen sich entfalten, ihre Stärken einbringen und gemeinsam über sich hinauswachsen können. Das gilt für mich vom Abwäscher bis zur Führungskraft und auch für mich selbst.
Das ist eine Philosophie, die weit über die Gastronomie hinaus funktioniert.

Was würdest du anderen Führungskräften raten, die überlegen, in Soft-Skill-Trainings zu investieren? Warum lohnt es sich, auch unkonventionelle Ansätze wie Schauspielmethoden in Betracht zu ziehen?
Ich würde anderen Führungskräften unbedingt raten, in Soft-Skill-Trainings zu investieren. Besonders in Branchen, in denen die Arbeit mit Menschen im Fokus steht, machen gute Kommunikation, Empathie und Flexibilität den Unterschied.

Unkonventionelle Ansätze wie Schauspielmethoden lohnen sich besonders, weil sie über klassische Trainings hinausgehen. Sie ermöglichen Perspektivenwechsel und machen die eigene Wirkung spürbar. In unseren Workshops hat sich gezeigt, dass durch Rollenspiele und praxisnahe Übungen eine besondere Dynamik entsteht: Mitarbeiter können schwierige Situationen nicht nur üben, sondern auch direkt erfahren, wie sich ihr Handeln auf andere auswirkt.
Solche Methoden fördern nicht nur die Persönlichkeitsentwicklung, sondern auch den Teamzusammenhalt. Für Führungskräfte, die ihr Team auf ein neues Level bringen möchten, sind solche Ansätze definitiv eine Überlegung wert.


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